Grundlagen Bilinguale Grundschule Englisch

Bilinguale Grundschule

„Lernen in zwei Sprachen – Bilinguale Grundschule Englisch“

Grundlagen des Unterrichts an bilingualen Grundschulen

1. Bilingualer Sachfachunterricht

Beim bilingualen Sachfachunterricht handelt es sich um ein Unterrichtskonzept, in dem sachfachliche Inhalte bei entsprechender Eignung in einer Fremdsprache, hier Englisch, vermittelt werden. Die Sprachkompetenz der Schülerinnen und Schüler wird im Verlauf der Jahrgangsstufen 1 bis 4 durch einen überwiegend impliziten Fremdspracherwerb kontinuierlich aufgebaut.


In den Fächern Heimat- und Sachunterricht, Kunst, Mathematik, Musik und Sport werden Unterrichtseinheiten oder -phasen bei geeigneten Themen und Anlässen in englischer Sprache durchgeführt. Grundlegend ist der  Erwerb der im LehrplanPLUS verankerten Kompetenzen im jeweiligen Fach. Verbindliche deutsche Fachbegriffe
werden im Rahmen deutschsprachiger Unterrichtsanteile erarbeitet und gesichert.


2. Erweitertes Kompetenzstrukturmodell

Dem bilingualen Sachfachunterricht liegt ein erweitertes Kompetenzstrukturmodell zugrunde. Den Kern bildet das Kompetenzstrukturmodell des jeweiligen Faches1. Im bilingualen Sachfachunterricht erweitert sich das Modell um die Kompetenzerwartungen im äußeren Ring.

 

Grossansicht in neuem Fenster: Erweitertes Kompetenzstrukturmodell

Abbildung 1: Kompetenzstrukturmodell bilingualer Sachfachunterricht am Beispiel Mathematik

 

1 In den inneren Feldern sind die fünf Gegenstandsbereiche, im mittleren Kreis die prozessbezogenen Kompetenzen aufgeführt (vgl. dazu Kompetenzstrukturmodell im Fach Mathematik, LehrplanPLUS Grundschule).

 

Erweiterte Kompetenzerwartungen im bilingualen Sachfachunterricht

 

Kommunikative Kompetenzen in der Fremdsprache (hier: Englisch)

Die Schülerinnen und Schüler…

  • verfügen über sprachliche Mittel wie Wortschatz und Idiomatik, Aussprache und Intonation.
  • wenden kommunikative Fertigkeiten in den Bereichen Hör- und Hör-Seh- Verstehen, Sprechen, Leseverstehen und Schreiben und Sprachmittlung an.

 

Metasprachliche Kompetenzen
Die Schülerinnen und Schüler vergleichen Begriffe und Redewendungen in verschiedenen Sprachen und reflektieren den eigenen Sprachgebrauch.

 

Interkulturelle Kompetenzen

Auf der Grundlage eines durch exemplarische Themen und Inhalte erworbenen soziokulturellen Orientierungswissens entwickeln die Schülerinnen und Schüler eine wertschätzende Haltung gegenüber der Vielfalt von Sprachen und Kulturen.

 

Methodische Kompetenzen

Die Schülerinnen und Schüler nutzen Techniken des Nachschlagens oder der Wortschatzstrukturierung.
Sie greifen dabei auf altersgemäße Lernhilfen und Medien zurück.

 

3. Qualitätskriterien im bilingualen Sachfachunterricht

Planung und Gestaltung eines qualitätsvollen bilingualen Sachfachunterrichts setzen die Berücksichtigung folgender Kriterien voraus:

 

Kompetenzerwartungen

Der Unterricht richtet sich verbindlich an den Kompetenzerwartungen und Inhalten des jeweiligen Sachfachs aus.

 

Offene Aufgabenstellung – Kognitive Aktivierung

Die Arbeit an gemeinsamen Lernaufgaben eröffnet den Schülerinnen und Schülern einen Zugang auf verschiedenen Lern- und Leistungsniveaus und fordert sie individuell heraus.

 

Kommunikationsanlässe – Sprachliche Aktivierung

Durch die Bereitstellung von Redemitteln wird den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, in unterschiedlichen Lernsituationen mündlich und im Verlauf des Schriftspracherwerbs zunehmend auch schriftlich zu kommunizieren.

Zur Sicherung bereits erworbener sprachlicher Kompetenzen und deren sukzessiver Erweiterung planen die Lehrkräfte vorausschauend und fächerübergreifend. Progressives und spiraliges Vorgehen kennzeichnen den Unterricht in hohem Maße.

 

Scaffolding

Damit die Auseinandersetzung mit den sachfachlichen Inhalten auf dem erforderlichen Niveau erfolgen kann, gehören nonverbale, sprachliche und organisatorische Scaffolds (z. B. Visualisierung, Reformulierung, Rituale) zum Standard im bilingualen Unterricht. Sie bieten Schülerinnen und Schülern ein Gerüst zur Bewältigung sprachlicher Herausforderungen.

 

Reflexion – Lernzuwachs

Die Schülerinnen und Schüler werden zunehmend dazu angehalten, ihren Lernprozess auch in englischer Sprache zu reflektieren und ihre Einschätzungen anhand fachlicher Kriterien zu begründen.

 

4. Umgang mit der in der Stundentafel für die Jahrgangsstufen 3 und 4 ausgewiesenen Unterrichtszeit für das Fach Englisch

Nach aktuellem Stand der Evaluation werden die Kompetenzerwartungen und Inhalte, die der LehrplanPLUS Grundschule für das Fach Englisch ausweist, im Schulversuch zu einem erheblichen Teil bereits am Ende von Jahrgangsstufe 2 erreicht.

 

Die Lehrkraft verwendet die in der Stundentafel für die Jahrgangsstufen 3 und 4 vorgesehenen zwei Wochenstunden im Fach Englisch daher zur Vertiefung fremdsprachlicher Kompetenzen im bilingualen Sachfachunterricht und soweit noch nicht erfolgt, zum Erwerb bisher nicht erreichter Kompetenzen des Fachlehrplans Englisch (inklusive der verpflichtenden Inhalte).

 

Bei der konkreten Planung und Gestaltung berücksichtigt die Lehrkraft folgende Erfordernisse:

 

  • Orientierung am aktuellen Lernstand der Schülerinnen und Schüler,
  • systematischer Ausbau sowohl der kommunikativen als auch der metasprachlichen, interkulturellen und methodischen Kompetenzen (siehe erweitertes Kompetenzstrukturmodell),
  • Verknüpfung von Elementen der Sachfach- und der Fremdsprachendidaktik.

 

5. Progression – Aufbau kommunikativer Kompetenzen in der Fremdsprache

Nach aktuellem Stand der Evaluation wird von den Schülerinnen und Schülern am Ende von Jahrgangsstufe 4 das Sprachniveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens in großen Teilen erreicht bzw. übertroffen werden.

 

Im Verlauf der Jahrgangsstufen 1 bis 4 folgt der Erwerb der kommunikativen Kompetenzen in der Fremdsprache den Leitprinzipien

 

  • „Von der Rezeption zur aktiven Sprachproduktion“ und
  • „Von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit“.

Der erste Kontakt mit der englischen Sprache erfolgt vorwiegend rezeptiv. Gleichwohl legt die Lehrkraft von Anfang an Wert auf eine aktive Sprachverwendung, die progressiv verläuft. Die Schülerinnen und Schüler erhalten zahlreiche Gelegenheiten, sich in die fremde Sprache einzuhören und erfassen mit Hilfe von Scaffolds sinngemäß wesentliche Inhalte des Gehörten. Sie eignen sich einfache Redemittel an und wenden diese zunehmend selbstverständlich in unterschiedlichen Kommunikationssituationen an.


Zu Beginn eignen sich daher insbesondere solche Themen und Inhalte für den bilingualen Sachfachunterricht, die so aufbereitet werden können, dass sie das Hör- und Hörsehverstehen fördern und zu Sprechaktivitäten anregen (z. B. handlungsorientierte Erarbeitung englischsprachiger Lieder, Verwendung wiederkehrender Satzmuster als classroom phrases, daily routine wie beispielsweise day, date, weather).


Schriftliche Elemente können bereits nach den ersten Monaten zum Einsatz kommen (z. B. Erlesen und Abschreiben einzelner, möglichst lautgetreuer Wörter). Mündlich gesicherter Wortschatz wird bereits in Jahrgangsstufe 1 in schriftlicher Form angeboten und von den Schülerinnen und Schülern erlesen. Die Schülerinnen und Schüler werden schrittweise an Formen angeleiteten Schreibens (z. B. Arbeit mit vorgegebenen Wörtern und Satzmustern bzw. -strukturen) herangeführt.


In den Jahrgangsstufen 3 und 4 fordert die Lehrkraft im Rahmen des bilingualen Sachfachunterrichts unter Einbeziehung der beiden Wochenstunden Englisch folgende kommunikative Fertigkeiten zunehmend ein:

 

  • Zusammenhängendes Sprechen, an Gesprächen teilnehmen (z. B. Sprechen in Dialogen mit Hilfe von Wortspeichern und Satzbaumustern)
  • Leseverstehen (z. B. sinnentnehmendes Lesen kurzer Texte)
  • Schreiben (z. B. freiere Formen der Textproduktion wie Briefe an Gleichaltrige oder Postkarten)
  • Sprachmittlung (z. B. sinngemäßes Erklären englischer Hör- und Lesetexte auf Deutsch zur Unterstützung von Mitschülerinnen und Mitschülern)

 

6. Leistungsbeobachtung, -erhebung und -bewertung

Die Leistungsbeobachtung und -dokumentation im Sachfach orientiert sich an den im LehrplanPLUS Grundschule ausgewiesenen verbindlichen Kompetenzerwartungen und Inhalten. Darüber hinaus werden die Leistungen der Schülerinnen und Schüler auch in den erweiterten Kompetenzbereichen des bilingualen Sachfachunterrichts beobachtet und dokumentiert (kommunikative, metasprachliche, interkulturelle und
methodische Kompetenzen).


Leistungsnachweise (schriftlich, mündlich, praktisch) werden auf Deutsch erbracht.

Arbeitsaufträge können dabei zusätzlich auf Englisch formuliert werden.

 

Zudem besteht die Möglichkeit, den Schülerinnen und Schülern im Rahmen von Leistungsnachweisen ergänzend Aufgabenstellungen auf Englisch anzubieten, deren Bearbeitung freiwillig ist und nicht in die Bewertung eingeht. Dies gilt auch für alternative Formen der Leistungserhebung.

 

7. Zeugnis und Lernentwicklungsgespräch

Im Zeugnis wird die Beteiligung am Schulversuch im Feld Individuelle Lernentwicklung verbindlich eingetragen bzw. im Dokumentationsbogen zum Lernentwicklungsgespräch an geeigneter Stelle vermerkt.


Die Notengebung in den Jahrgangsstufen 2 bis 4 beruht ausschließlich auf den Leistungsnachweisen im jeweiligen Sachfach.


Die sprachlichen Kompetenzen im Englischen werden im Zeugnis in Form von Wortgutachten (in den Jahrgangsstufen 1 und 2 im Feld Individuelle Lernentwicklung, in den Jahrgangsstufen 3 und 4 sowohl im Feld Individuelle Lernentwicklung als auch im Fach Englisch) erläutert bzw. im Dokumentationsbogen zum Lernentwicklungsgespräch entsprechend ausgewiesen.


8. Übertritt an weiterführende Schulen

Für den Übertritt an weiterführende Schulen sind die Leistungen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht relevant.

Um einen gelingenden Übergang zu ermöglichen, ist die enge Zusammenarbeit zwischen den Schularten wichtig.

Grundsätzlich ist es Aufgabe aller Schularten, mit unterschiedlichen Lern- und Leistungsniveaus der Schülerinnen und Schüler umzugehen und das Potenzial der heterogenen Lerngruppe zu nutzen. Die Verschiedenheit der Schülerinnen und Schüler ermöglicht ein gemeinsames und gewinnbringendes Von- und Miteinanderlernen.

Darüber hinaus ist es notwendig, Konzepte vor Ort zu entwickeln, die die sprachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler gezielt aufgreifen und diese bedarfsgerecht weiterentwickeln.

 

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